Robert Scherkl
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Landschaft und Abstraktion

Abstraktion und Gegenständlichkeit: die gegenständliche Referenz ist die Landschaft, oft der Wald, aber nicht so, daß ein Bild vom Wald abstrahiert würde. Sondern die Landschaft entsteht in der materiellen Spur der mit der Spachtel oder dem Rakel gezogenen Farbe. Das Bild entwickelt sich aus dem Malprozeß. Man muß entstehen lassen, den fruchtbaren Zufall ermöglichen. Das ist das Gegebene, das manchmal Unvorhergesehene, in das wir eingreifen können, um dem Zufall eine Form zu geben. Am Ende steht tatsächlich die Illusion eines Waldes, der sich in einem See spiegelt, die sich bei näherer Betrachtung als reine Malerei präsentiert.
Die Seestücke spielen auch mit dem Abstrakten, aber anders: auf den ersten Blick wirken sie fotorealistisch. Die Bilder wurden mit kaum erkennbaren Pinselspuren ausgeführt. Sie sind leer; jegliches Zeugnis von Mensch und Kultur wurde ausgeblendet. Was bleibt, sind die See, der Himmel und eine Horizontlinie dazwischen. Oder, anders formuliert: was bleibt, sind horizontal verlaufende Bänder. In den Wellenbildern fehlen auch diese. Hier gibt es nicht einmal eine Horizontlinie an der sich der Betrachter orientieren könnte – nur Strudel, Wellen und Wirbel, in denen sich kaum mehr gegenständliche Motive identifizieren lassen.
Die gemalte Landschaft ist Erinnerung und Vorstellung. Kein Abbild. Das geht auch nicht. Denn die Landschaft, die wir sehen und interpretieren, ist nur die Momentaufnahme einer ununterbrochenen Abfolge von Zuständen, hervorgerufen durch natürliche Veränderungen oder kulturelle Eingriffe, die jede Behauptung von Endgültigkeit oder Urzustand als Täuschung abweist. Landschaftliche Formationen lösen sich auf und bilden sich neu.
So wie im Bild. Farbschichten werden aufgetragen und wieder abgezogen. In den gerakelten Landschaftsbildern ist das endgültige Bild nicht von Anfang an festgelegt, sondern es entsteht. Die Chronologie des Wachsens ist in den Farbschichten eingeschrieben.

Stilleben

Im traditionellen Sinn sind Früchtestilleben Vanitasbilder. Als solche verneinen sie die weltliche Pracht, zeigen auf eine im ständigen Vergehen sich befindende Welt und sind doch selbst wertvolle handwerkliche Zeugnisse des Überflusses. Dem Gedanken der Vergänglichkeit wird vom Bild selbst widersprochen, und in diesem Zwiespalt erweist sich seine dialektische Kraft.

Die Früchtestilleben erproben eine Neuinterpretation des Stillebens. Der naturalistisch vermittelte Bildgegenstand tritt isoliert auf, im Dialog mit einem Hintergrund, der die Materialität und die Eigendynamik der Farbe thematisiert. Kompositorische Strenge und motivische Vereinzelung heben die rein ästhetischen Merkmale des Bildes hervor. Trotz – und vielleicht gerade wegen – der hohen sinnlichen Präsenz der Früchte verlieren die Kategorien des Gegenständlichen und des Nichtgegenständlichen an Bedeutung.

und so weiter